Das Leben in verschiedenen Gruppen

Wir leben heute in der Regel in drei Gruppen: in unserem Umfeld, unserer Familie und in der Firma. In unserer Familie fühlen wir uns wohl. Wir sollten uns in unserer Familie heimisch fühlen, wenn nicht, haben wir ein großes Problem.



Nur wenige überschreiten diese Grenzen und gehen bewusst in weitere Gruppen rein. Man müsste statt Gruppe den Begriff "Milieu" heranziehen. Doch dieser Begriff ist immer noch mit einem negativen Vorzeichen versehen. Die Bürgerlichen reizt in ihrem Innern dieser Begriff, man möchte eintauchen in dieses Milieu. Nach Außen müssen sie es ablehnen wegen der Fassade, um ihre Ehrbegriffe zu behalten. Es ist zwar alles schon etwas lockerer geworden, aber unsichtbare Schranken gibt es immer noch. Das meinerseits zum Begriff "Milieu".

Was ich zum Glück nur selten erlebe, ist das Fahren mit der KVB, dem öffentlichen Nahverkehr. Etwas, was man in keinem Fall unbedingt benötigt. Hier kann man den alten Begriff "Milieu" gut anwenden.
Ich möchte niemandem zu nahe treten, oder irgendwie beleidigen, aber der Großteil der Fahrgäste ist schon eine Randgruppe der Gesellschaft. Mit "Randgruppe" bezeichnet man in der Regel eine Minderheit. Es könnte allerdings auch sein, dass ich zu einer Minderheit gehöre, also demnach ein Teil einer Minderheit bin.
Ein Großteil der KVB-Benutzer kennt keine Regeln, keine Höflichkeiten, keine Umgangsformen und hat auch keine Beziehung zu seinem Umfeld, insbesondere kein Gefühl für seine Mitmenschen. Da ist die Nutzung der Mobil Telefone das kleinere Übel. Es geht weiter mit den nervenden Walkmans, die Schuhe auf den Sitzen, das Anpöbeln von Mitfahren usw. Jede Woche eine Schlägerei gehört zum absoluten Muss. Aber die Betreiber haben es so gewollt. Es lebe die Anonymität! Anonymität fördert die Gewaltbereitschaft.
In dieses Milieu muss man sich begeben, wenn man kein Auto, keinen Führerschein hat, oder warum auch immer. Oder man geht zu einer Feier und möchte was trinken.

Öffentlicher Nahverkehr auf der Strecke von Düsseldorf nach Köln, um Mitternacht ist der Wechsel der Gesellschaftsschichten gut zu beobachten. Man erlebt ihn dann mehrfach. An den aus- und einsteigenden Fahrgästen kann man die Qualität des jeweiligen Haltepunktes hervorragend beurteilen.
Das Ganze hat für mich zur Folge: Achte auf deinen Führerschein und sei dankbar für dein soziales Umfeld! Arbeite weiter daran, damit du es behältst.

Ein ganz anderes Milieu erwartet dich im familiären Umfeld. Da ich zur ersten Nachkriegsgeneration gehöre, haben wir schon ein gewisses Alter erreicht. Mit dem Alter kommen naturgemäß die ersten Wehwehchen. Denen kann man sich kaum entziehen, weder mit übergesunder Lebensweise, noch mit viel Sport. Man kann das eine oder andere Zipperlein vielleicht verzögern, aber nicht verhindern. So kommt, was kommen muss: man pflegt seine Wehwehchen. Man informiert sich ausführlich über seine "Gebrechen" und kann sich dann auch mit anderen Leidensgenossen darüber unterhalten.



In der Erinnerung an Großvater haben sich die Themen geändert. Damals wurde über den verlorenen Vaterländischen Krieg erzählt. Egal zur welcher Familienfeier man kam, nach dem dritten Bier, nach dem zweiten Korn kam man auf das Thema "Krieg". Das hat sich zum Glück gewandelt. Wir können nichts über eine glorreiche, vaterländische Vergangenheit berichten. Wir haben gelebt und nur in der Firma gekämpft, jeder für sich. Das ist also kein allgemeines Thema, das man aufgreifen könnte. Die vergangenen Urlaubsreisen dagegen werden laufend getoppt. Also auch kein gutes Thema zum Schwelgen. Aber die Gesundheit oder eine richtige Krankheit betrifft uns alle. Da können wir alle mitreden! Deshalb unterhalten sich ältere Menschen viel und oft über ihre Gebrechen und Wehwehchen.

Treffen sich drei Arbeitskollegen beim Bier. "Ich wette, nach dem zweiten Bier reden die über die Arbeit, über ihre Arbeit in ‚ihrer' Firma!" Oft werden auch bei solchen Gesprächen Firmenprobleme gelöst bzw. Lösungsansätze erarbeitet. Was läuft heute am Arbeitsplatz ab? Angst um den Job, eine Erwartungshaltung an sich selbst, da man glänzen möchte, Termindruck durch die Erwartungen der Kollegen, ungeduldige Vorgesetzte, die Ihre Druck ungefiltert weitergeben, Kollegen die schon innerlich gekündigt haben, jedes Jahr eine neue Führungsriege, eine neue Geschäftsführung, einen neuen Eigner. Also das ganze Programm! Und das kann krank machen ...

Dass man seinen sozialen Stand irgendwie erhalten will, weil im Hintergrund eine Familie existiert, muss man diesen Druck ganz einfach aushalten können. Egal wie man damit klarkommt. Nur den Blick auf den nächsten Freitag gerichtet, auf den nächsten Kurzurlaub, ist keine Lösung, sondern höchstens eine geistige Flucht.

Man muss sich in der Familie den Ausgleich holen, damit man überhaupt einen Ausgleich hat.

Februar 2010 albert46 * Redaktionell überarbeitet von Ute Z.



Anmerkung zum Thema Milieu:
Der Begriff Milieu [miljø] (französisch - Mitte) bezeichnet:
1. in der Biologie und in der Geographie die Gesamtheit der natürlichen, äußeren Umwelt
2. in der Soziologie die soziale Umwelt (Normen, Gesetze, Wertvorstellungen),
3. in der Umgangssprache oft auch Personenkreise (begrenzte Teile der sozialen Umwelt der jeweiligen Einzelpersonen), die mit Prostitution, Kriminalität o. ä. in Verbindung gebracht werden ("Das Milieu", das Gangstermilieu, das Drogenmilieu...).

Soziales Milieu : Der Begriff Soziales Milieu (milieu social) stammt von Émile Durkheim und beschreibt die soziale Umgebung, in der ein Individuum aufwächst und lebt. Durkheim unterscheidet zwischen innerem und äußerem sozialen Milieu.

Der Begriff soziale Milieus beschreibt in der Gegenwart gesellschaftliche Gruppen mit ähnlichen Werthaltungen, Mentalitäten und Prinzipien der Lebensführung.[1] In älteren Definitionen werden Kriterien wie Bildungsgrad, Beruf und Einkommen bei der Zuordnung von Individuen und Kleingruppen zu einem sozialen Milieu stärker berücksichtigt.