Mein Freund Günter †

Günter Rotter * 6. März 1943 / ✝ 23. November 2010



Günter war, durch und durch, ein Österreicher, obwohl er in Köln geboren wurde. Mit deutscher Mutter und österreichischen Vater aus Linz. In Köln geboren, hat er in Linz seine Kindheit und seine Jugend verbracht. Seit seiner Jugend war er immer ein sportlich ausgerichtet Mensch. Fußball und Bergwandern waren seine Passion. Er liebte die Berge.

Als junger Kerl, nach seinem Dreher Lehre, wurde ihm seine Heimat zu eng, er musste raus in die Welt. Er machte sich auf den Weg in den Norden, zog von Stadt zu Stadt, arbeitete mal hier, mal dort einige Monate. Irgendwann erreichte er dann Köln, hier wohnte ja seine Oma und viele Tanten und Onkels. In Köln-Buchheim fand er dann seine neue Heimat und bei der Firma Leybold eine neue Wirkungsstätte. Hier fühlte er sich wohl. Mit Rita fand er die Mutter seiner Kinder und erwarb auf dem zweiten Bildungsweg in der Abendschule seinen Techniker. Mit diesem Zertifikat wechselte er bei der Firma Leybold von der Dreherei in die Arbeitsvorbereitung als CNC Programmierer.

Seine ihm innewohnende Unruhe und Suche nach neuen Aufgaben trieben ihn weiter. Nach einiger Zeit suchte er sich neue Ziel und investierte all seine Kraft um diese auch zu erreichen. Wieder hatte er das Gefühl der Enge, der Ruf nach Freiheit stand wieder im Raum.

Er wechselte zu einer kleinen aber renommierten Werkzeugvertretung als Werkzeug-Vertreter und Kundenberater. Hier konnte er sein Wissen, was er sich über die Jahre erworben hatte, anwenden. Einfach formuliert, er war sehr erfolgreich in seinem Job. Nach einer gewissen Zeit kam wieder der Ruf nach etwas Neues. Er erwarb ein Segment der Werkzeugvertretung und machte sich damit selbstständig.

Der Job als selbstständiger Handelsvertreter hat ihm immer mächtigen Spaß gemacht. Seine Kunden zu beraten, mit ihnen zusammen neue Problemlösungen zu erarbeiten, ja das war sein Ding. Günter hatte einen sehr guten Ruf als Problemlöser in der Kundschaft.



Mit dem herannahenden 67ten Geburtstag hat er dann auch ans Aufhören gedacht. Er hat sich beeinflussen lassen vom Gerede über den schöneren Ruhestand und was man dann alles unternehmen kann. Ja es wird viel über den Unruhestand geredet. Hört sich immer alles sehr schön an. Günter hat dann auch alles vorbereitet, um sein Büro aufzulösen.

Nur, mit dem Eintritt in den Ruhestand muss man sich als erstes eine Neue, nur auf sich selbst ausgelegte Struktur zulegen! Bis dahin wurde man immer irgendwie fremdbestimmt, auch als Selbstständiger. Der Kunde ruft und man muss sich dann um diesen bemühen. Jetzt hat der Tag aber 24 Stunden, die man irgendwie einteilen und sinnvoll ausfüllen muss. Günter hat lebenslang sich immer wieder neuen Aufgaben gestellt und diese mit Freuden auch gelöst. Nur mit dem Ruhestand hatte er seine Probleme. Er fand keine neuen Ziele bzw. Aufgaben.

Er kannte immer nur seinen Beruf als Techniker mit all seinen Facetten. Mit seinen Kunden konnte er auftretende Probleme, in der Regel, schnell lösen. Nur Hobbys hatte er leider nicht. Habe viel und lange mit ihm über die Zeit als Rentner gesprochen und versucht, ihm Wege aufzuzeigen, die er einschlagen könnte. Leider bin ich nicht in seine Gedankenwelt vorgedrungen. Konnte ihn nicht für eine neue Aufgabe begeistern. Seine innere Unruhe und seine Kraft schienen erloschen.

Wir haben gut sechs Monate nach seiner Büroschließung noch einen schönen runden Geburtstag mit ihm und seiner Lebensabschnittspartnerin gefeiert. Er sah bei der Feier, wie immer, sehr gut aus. Nur ca. vier Wochen später ist Günter von uns gegangen. Offiziell starb er an Herzversagen. Für mich ist Günter in ein tiefes Loch gefallen! Er ist gescheitert an der Erstellung seiner Tagesstruktur.

Der Ruhestand wird vielfach zu euphorisch beschrieben, alles schön, alles gut. Die Wirklichkeit ist, leider, nicht immer so himmelhochjauchzend!

Bin immer noch traurig, wenn ich an meinen Freund Günter denke.