Die Hildener Künstler-Meile

Was ist Kunst?
Kunst ist relativ und kommt auf den Blickwinkel des Betrachters an.

Kunst Meile Hilden

Hilden am Samstag.

Eine Endlos-Vernissage beherrscht die Fußgängerzone. Geöffnete Geschäfte beidseitig und mittendrin Montmartre. Die weißen Zelte, die die ausgestellten Werke gegen die Sonne und vor etwaigem Niederschlag schützen sollen, sehen aus wie Segelschiffe vor Anker. (Vor Anker sind die Segel in Ruhestellung, logisch! Dennoch.)

Jedes Zelt birgt andere Kostbarkeiten. Da stehen auf Staffeleien große und auch kleine Bilder in wunderschönen verspielten oder in schlichten Rahmen, je nach Motiv, gemalt in Öl- oder Aquarellfarben. Bilder, die ansprechen und zum Stehen bleiben auffordern. Umgehend versinken Augen und Geist tief in das Leinen, das Einssein mit den Farben trägt die Gedanken in die Welt, die der Maler auserkoren hat. Verweilen für eine gewissen Zeit, sich treiben lassen…
Moderne Kunst, die keine bestimmte Richtung prägt, ist ebenfalls zu bewundern. Auf Holz sind Farben gespachtelt oder plastisch aufgearbeitet, die keine Motive zeigen aber, Charakter haben. Es sind nicht alltägliche Formen zu sehen oder sie sind silhouettiert. Diese Werke regen zum Nachdenken an, ganz automatisch.



Überwiegend sind Gemälde ausgestellt, aber in einigen Zelten stehen auch Skulpturen aus Holz und Metall. Die Holzplastiken sind so meisterhaft gearbeitet, sodass Formen, in Verbindung mit der Maserung des Holzes, eine perfekte Einheit ergeben. Sie strahlen Wärme aus. Fast selbstverständlich gehen die Metallskulpturen in die Moderne. Klare Linien bestimmen die Schlichtheit der Figuren.

Wer möchte, kann sich von einer Künstlerin skizzieren lassen. Aus dieser Umrisszeichnung entsteht ein Bild, das am Ende so gut ist wie ein Foto.



Die Künstler-Meile hat noch mehr zu bieten.
Das ideale Give-Away dieser Veranstaltung bekommen die Kleinen. Die Augen der Keksmonster strahlen, als sie die ausdrucksstarken Figuren des Ballon-Modellierers in Empfang nehmen.
Das bunte Treiben wird von zwei Live-Bands unterstützt, die mit warmen, satten Tönen dem Ganzen einen Rhythmus verleiht. Die Bands verharren nicht etwa auf einer Stelle, nein, sie bewegen sich geschmeidig immer ein Stück weiter. Sie animieren die Gäste zum Mitsingen und -klatschen. Selbstbewusst sind sie. Aber nicht aufdringlich, als einer von ihnen mit der Sammelbüchse durch das Publikum schlendert, jeden, aber auch jeden um eine kleine Spende bittet und sich dafür dann herzlich bedankt. Durch die Musiker wird die Veranstaltung noch liebenswerter, als sie schon ist.



Es ist schön in Hilden, irgendwie fühlen wir uns an einen anderen Ort der Welt versetzt. Wir reden über "Montmartre". So muss es dort gewesen sein. Gemütlich und ohne Stress. Man kennt sich, obwohl man sich gar nicht kennt. Die Atmosphäre ist entspannt und die Zeit scheint stehen zu bleiben. Keiner schaut auf die Uhr. Um uns herum sind nur zufriedene Menschen, die einfach die Seele baumeln lassen.
Selbst der kleine Regenschauer wird ganz gelassen hingenommen. Ein paar Tropfen, die Erde ist nass. Na und?
Da ist noch etwas, dass an Gemütlichkeit nicht zu überbieten ist: "PAUL'S". Ein wunderschönes kleines, altes und uriges Restaurant - ein Fachwerkhaus mit grünen Fensterläden. Die Gaststube fasst vielleicht 12 hungrige Einkehrer. Dieses alte Haus aber hat das Flair und den Charme von Großmutters guter Stube.

Wir bemerken gar nicht, wie unaufhaltsam uns die Zeit davon rinnt. Aber eines muss noch zwingend erwähnt werden: Hilden besitzt einen Sheriff. Er beobachtet konzentriert den Straßenzug, nichts entgeht seinen wachsamen Augen. Mit ernstem Blick, hoch aufgerichtet und mit kerzengerader Haltung schreitet er erhaben über die Mittelstrasse. Er ist in Sachen "Recht und Ordnung" unterwegs. Für den Notfall trägt er seinen Colt im Halfter und gegen die Einsamkeit sein kleines Kofferradio in der Hand.
HIGH NOON in Hilden?

Ute Z. * Wesel

Erstveröffentlichung in der TT@WEST! GazeTTe
Hilden-Kunstmeile * 10. Juni 2007